Blutegel
Kleiner Biss – große Wirkung!
Die Therapie chronischer Beschwerden mit Blutegeln ist eine altbekannte Heilmethode, die seit mehr als 2 Jahrtausenden im asiatischen, arabischen und europäischen Raum angewendet wird. Die Therapie gehört zu den „ausleitenden“ Verfahren in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und ist in den über 2000 Jahre alten Schriften der Medizin- Gelehrten in der indischen Ayurveda-Medizin bereits genauestens bezüglich der Anwendung und Wirkung beschrieben. Inzwischen konnte in vielen aktuellen Studien nachgewiesen werden, dass die Blutegeltherapie effektiv gegen Schmerzen bei entzündlichen Veränderungen und verschleißbedingten Beschwerden an Gelenken und Sehnen wie z. B. bei der Gonarthrose, Rhizarthrose ( Daumensattelgelenkarthrose) und Epikondylitis (sog. Tennisellenbogen), aber auch bei verschleiß- und überlastungsbedingten Schmerzen an der Wirbelsäule wirkt. Medizinische Blutegel werden in Europa unter besonderen Standards gezüchtet und als keimfreie, sogenannte „medizinische“ Blutegel über die Apotheken geliefert.
Vorgehen und Wirkweise
Es werden am Behandlungsort je nach Größe des zu therapierenden Areals 1-5, selten mehr junge Blutegel an die Beschwerdestelle angesetzt. Man kann mit einer kleinen Nadel einen Blutfluss generieren, damit die Blutegel besser beißen, allerdings suchen sie sich auch allein ihre bevorzugte Saugstelle. Die Blutegel haben ein dreigliedriges Mundwerkzeug und injizieren in die Wunde mehr als 20 Wirkstoffe mit v.a. gerinnungshemmender und antientzündlicher Wirkung, zudem weitere noch unbekannte Substanzen, die derzeit weiter erforscht werden. Auch schmerzstillende Inhaltsstoffe sind beteiligt, sodass die Therapie bis auf ein leichtes Zwicken nicht schmerzhaft ist. Nachgewiesen ist, dass durch den Blut- und Lymphfluss, der aus dem Biss resultiert, auch eine lokale Entstauung erfolgt, die widerum schmerzlindernd wirkt. Im zweiten Schritt verbessert sich durch die Hemmung der Blutgerinnung die Mikrozirkulation am Schmerzort und fördert den Abtransport von den Stoffwechsel störenden Ablagerungen in Gefäßen und im Bindegewebe. Der Biss kann somit eine deutliche Aktivierung der Heilungskräfte bewirken und über Monate die Beschwerden und Funktionsstörungen deutlich reduzieren.
Sicherheit
Es gibt wie bei jeder Behandlung gewünschte Wirkungen und Risiken, insgesamt gab es aber in Studien wenig relevante unerwünschte Wirkungen. Risiken wie Infektionen wurden im schmerztherapeutischen Indikationsgebiet bislang nicht beobachtet. Allerdings gibt es häufig einen lokalen Juckreiz über mehrere Tage oder länger anhaltende sichtbare lokale Randrötungen um die Bißstelle, welche jedoch nach 1-2 Wochen verblassen.
Durchführung:
Sie werden zur Behandlung bequem gelagert und die Blutegel werden angelegt. Diese saugen sich fest und können durch die Aufnahme des Blutes ihre Größe mehr als verdoppeln. Sind die Blutegel gesättigt, entspannen die Egel die Mundwerkzeuge und fallen ab. Die Gesamtdauer kann von einer bis zu 4 Stunden betragen (durchschnittlich 2 Stunden). Die Wunde wird dann mit einem dicken Verband versehen, da noch für einige Stunden eine Nachblutungstendenz besteht. Für die nächsten 12 Stunden sollten Sie keine sportlichen Aktivitäten durchführen und die Wunde trocken halten. Es erfolgt eine Wundkontrolle am Folgetag der Behandlung mit Anlage eines neuen und meist deutlich kleineren Verbandes. Der mittlere Therapieeffekt wird mit 4-8 Monaten beschrieben. Die Therapie kann wiederholt werden. Kontraindikationen sind die Einnahme von Blutverdünnern, lokale akute Entzündungen sowie ein zeitnaher OP-Wunsch in den folgenden 3 Monaten (z. B. für Gelenkersatz am Knie).
Wenn Sie Interesse an einer Blutegel-Therapie haben, sprechen Sie uns bitte an. Wir führen dann ein ausführliches Aufklärungsgespräch und terminieren Ihre Behandlung.
Quellen
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